Es ist Sonntagmorgen, 10 Uhr. Heute treffen wir uns in der Stadthalle zu einer Wochenendprobe mit ausreichend Zeit, länger und intensiver an den Szenen und Rollen zu arbeiten. Bei den kürzeren Abendproben unter der Woche reicht die Zeit oft nicht aus für eine längere Besprechung von Mimik, Gestik und den Gängen auf der Bühne.
Die Lust am Spiel ist bei allen da, selbst bei dem Spieler, der heute Geburtstag hat, und auch bei dem, der den Start ins Urlaubsdomizil extra bis nach der Probe verschoben hat – Motivation pur!
Unter Anleitung der beiden Regisseure werden verschiedene Szenen unseres alten und gleichzeitig neuen Stücks „Familie Hannemann“ so lange wiederholt, bis die Regie, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, mit Stimmen und Stimmungen, Klarheit der Sprache, Gestik und Mimik und dem gesamten Miteinander auf der Bühne zufrieden ist.
Es wird viel gelacht bei unvorhergesehenen witzigen Situationen, die sich immer wieder ergeben, wenn etwas nicht sofort klappt. So braucht es oft mehrere Anläufe, bis der richtige Auftritt oder der passende Einsatz sitzt. Einige Spieler haben bereits die passenden Requisiten zur Hand und/oder tragen ein bühnengerechtes Outfit, was ebenfalls für reichlich Stimmung sorgen kann: Wie geht man gekonnt in Absatzschuhen, wenn diese nicht zum eigenen Alltag gehören, weil „Mann“ gewöhnlich in flachen Schuhe unterwegs ist? Eines der schwierigsten, weil privatesten Themen ist der verliebte Blick in die Augen der/des Angebeteten. Die Regisseure kennen da kein Pardon: Wenn dieser nicht überzeugend ist, muss geübt werden, bis alles glaubwürdig aussieht.
Dabei haben alle eine Menge Spaß und sind mit viel Engagement bei der Sache. Die Vorfreude auf die Aufführungen wächst mit jeder Szene, die gut sitzt. Die Feinarbeit fordert jedem einiges an Konzentration und Geduld ab. Am Ergebnis erfreuen sich dann aber immer alle … nach fünf Stunden intensiver Probenarbeit sind deutlich große Fortschritte zu erkennen. Die Regisseure sind zufrieden, die Spieler happy – nur die Souffleuse ist geschafft. Morgen geht es weiter bei einer „normalen“ Probe am Abend …
Carola Nierendorf